Der Stillstreik! Wenn das Baby die Brust anschreit

Als mein drittes Kind unterwegs war, hielt ich mich für die absolute Stillexpertin. Stillen in allen erdenklichen Positionen, kein Problem. Stillen nach dem Bedarf meines Kindes, selbstverständlich! Stillen in der Öffentlichkeit, aber sicher! Mit dieser Einstellung ging ich in die Stillbeziehung zu Baby Nummer drei. Erst lief es auch ganz wunderbar, aber als der Kleine drei Monate alt wurde, verweigerte er tagsüber plötzlich die Brust. Er weinte, wendete den Kopf von der Nahrungsquelle, und bog seinen kleinen Körper von mir weg. Ich fragte mich, ob mein Baby nicht mehr gestillt werden möchte und befürchtete, dass dies das Ende der Stillzeit war.

Als ich meiner Hebamme davon berichtete, erzählte sie mir vom sogenannten Stillstreik. Was das ist und warum der Griff zur (Baby)Flasche nicht zwangsläufig notwendig ist, erfährst du hier.

Der Stillstreik, wenn Babys auf die Barrikaden gehen

Es kommt scheinbar wie aus dem Nichts. Die Stillbeziehung zwischen Mutter und Kind hat sich gut eingespielt. Das Baby hat einen Stillryhthmus entwickelt und trinkt sich an der Brust satt. Plötzlich verweigert es die Brust oder trinkt nur kurz. Es weint oder quengelt, wendet den Kopf von der Brust ab, drückt sich vielleicht mit den Händen weg von der Mutter. Widersprüchlich zu diesem Verhalten ist häufig, dass es beim Stillen am Abend und in der Nacht nicht gezeigt wird.

Wann ist die Brustschimpfphase?

Häufig tritt sie häufig zwischen dem dritten und achten Lebensmonat auf. In dieser Zeit nehmen die Kinder immer mehr von ihrer Umwelt auf und sind dementsprechend ablenkbar. Das Interesse an anderen Dingen wird größer. Ihre Motorik lässt mehr Bewegung zu, was sie befähigt, ihre Ablehnung nicht nur verbal sondern auch körperlich zu zeigen.

Was sind mögliche Ursachen für den Stillstreik?

Zu wenig Ruhe
Eine häufige Ursache ist die Überreizung des Kindes. Sind andere Personen anwesend, finden laute Gespräche statt, läuft Musik oder toben die Geschwister durch den Raum, kann diese Unruhe das Baby überfordern.

Entwicklungsschub
Ein Entwicklungsschub kann in doppelter Hinsicht Auslöser des vorübergehenden Stillstreikes sein. In diesen Phasen sind Kinder häufig unruhiger und nicht selten zeigen sie auch weniger Appetit.

Um die sechste Lebenswoche steigert sich die Aufmerksamkeit und sich bewegende Dinge werden bewusster wahrgenommen. Vieles wird interessant und lenkt von Mamas Brust ab. Um die 12 Lebenswoche verbessern sich die motorischen Fähigkeiten, die dem Baby ermöglichen, sich von der Brust wegzudrücken oder den Kopf bewusst abzuwenden.

Krankheit oder Schmerzen
Ein weiterer Grund können Schmerzen sein, die z.B. durch das Zahnen entstehen oder durch Koliken.

Milch schmeckt verändert
Auch die Ernährung der Mutter kann Ursache für das Schreien an der Brust sein. Knoblauch, Zwiebeln oder Pfefferminz sind z.B. bekannt dafür, Einfluss auf den Geschmack der Milch zu nehmen. Auch Medikamente oder intensiv ausgeübter Sport können Ursache dafür sein, dass Mamas Milch verändert schmeckt und abgelehnt wird. Übrigens kann auch die Veränderung von Mamas Duft irritierend auf Babys wirken, wenn sie z.B. ihr Deo oder Parfüm gewechselt hat.

Stress bei der Mutter
Stress ist ein weiterer Faktor, der den Stillstreik auslösen kann. Geht es der Mutter mental nicht gut, ist sie gestresst oder wirken andere belastende Faktoren auf sie ein, registriert Baby dies wie ein kleiner Seismograph und reagiert ebenfalls gestresst.

Milchfluss
Ein ausgeprägter Milchspendereflex kann dazu führen, dass das Kind geradezu überfordert mit der Milchmenge ist und aus diesem Grund Frustration zeigt. Bei einem verzögerten Milchspendereflex wiederum geht es dem Säugling schlichtweg nicht schnell genug, was besonders bei großem Hunger zu Protest führen kann.

Atmung behindert
Auch ein Infekt kann Auslöser für die Brustschimpfphase sein. Behindert ein Schnupfen die Nasenatmung, ist das Trinken an der Brust deutlich erschwert.

Wie lange dauert der Stillstreik an?

Das ist immer abhängig von der Ursache des kindlichen Unmuts bzw. ob und wie schnell dieser abgestellt werden kann. Bei manchen Kindern zeigt sich das Phänomen der Brustschimpfphase über Tage, bei anderen tritt es nur sporadisch auf oder über einen sehr kurzen Zeitraum. Nicht selten sind aber auch Fälle, in denen der Stillstreik drei bis vier Wochen dauert.

Was tun, wenn das Baby die Brust verweigert?

Unabhängig von der Ursache für den Stillstreik, gilt es, Ruhe zu bewahren, verständnisvoll zu bleiben und dem Kind Zuwendung und Liebe zu schenken.

Ist Überforderung und Ablenkung das Problem, sollte beim Stillen ein ruhiger Raum aufgesucht werden, in dem möglichst wenig Ablenkung herrscht. Fernseher aus, Smartphone aus der Hand und eine Stillposition wählen, die angenehm und gemütlich für Mutter und Kind ist, sind erste Hilfe Maßnahmen, die schon viel bewirken können.

Um Zahnungsschmerzen zu lindern, gibt es viele Möglichkeiten, die vom gekühlten Beißring über die Bernsteinkette bis zu homöopathischen Globulis gehen können. Hier und auch bei der Schmerzlinderung bei Koliken kann die Hebamme oder das kinderärztliche Fachpersonal beraten.

Ist das Baby mit einer zu großen Milchmenge überfordert, kann es hilfreich sein, im Liegen zu stillen, so mindert die Schwerkraft den Druck des Milchflusses. Bei zögerlich anlaufenden Milchfluss hilft es, durch Wärme und Massage den Milchfluss vor dem Anlegen in Gang zu bringen. Nahrungsmittel, die bekannt dafür sind, den Geschmack der Milch zu beeinflussen, sollten gemieden werden und nach dem Sport ist es ratsam, mindestens eine halbe Stunde bis zur nächsten Milchmahlzeit vergehen zu lassen.

Ist eine verstopften Nase durch Schnupfen der Grund für die Krise, kann je ein tropfen Muttermilch in jedes Nasenloch Erleichterung schaffen. In Absprache mit der Kinderärztin können bei hartnäckiger Verstopfung der Nase auch Meerwasser Nasentropfen (in Absprache mit kinderärztlichem Fachpersonal) eine mögliche Alternative sein.

Verständlicherweise machen sich viele Eltern Sorgen, wenn ihr Baby die Nahrungsaufnahme verweigert. Während der Brustschimpfphase holen die Kinder aber häufig in der Nacht nach, was sie am Tag verweigert haben. Besonders wenn der Stillstreik über mehrere Wochen andauert, können Eltern sich durch regelmäßiges Wiegen des Kindes Klarheit verschaffen, ob es dennoch gut gedeiht. Außerdem zeigen regelmäßig nasse Windeln an, dass das Kind sich nicht in einem bedrohlichen Zustand befindet. Bei sorgen und Unsicherheiten sind Hebamme, Stillberatrin oder kinderärztliches Fachpersonal in jedem Falle kompetente Ansprechpartner*innen.

Ist keine Ursache für den Stillstreik zu finden, hilft beim Durchhalten das universelle Eltern-Mantra „Es ist nur eine Phase, die vorbei gehen wird“!